Was ist Stochastik?
Das Wort Stochastik (aus dem Griechischen στοχαστική von στόχος ‚Vermutung, Ahnung, Ziel‘) bedeutet „die Kunst des Vermutens“. Dieser Begriff wurde von Jacob Bernoulli in seinem Buch „Ars conjectandi“ geprägt (1713), in dem das erste Gesetz der großen Zahlen bewiesen wurde. Die heutige mathematische Disziplin Stochastik, die u. a. Wahrscheinlichkeitstheorie, stochastische Prozesse sowie Statistik umfasst, ist ein modernes Teilgebiet der angewandten Mathematik, in dem zufällige Ereignisse, zeitliche Entwicklungen bzw. räumliche Strukturen auf ihre Gesetzmäßigkeiten untersucht werden. Da die meisten Phänomene der Natur neben einer deterministischen Komponente auch eine Zufallskomponente aufweisen, ist es heutzutage kaum möglich, ein Wissensgebiet zu nennen, in dem die Stochastik keine Anwendung fände. Verstärkt durch die enorme Leistungsfähigkeit der modernen Rechner, ist die Stochastik zu einem wichtigen Tool der Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften geworden, das immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Das heutige Institut für Stochastik wurde im Jahre 1987 als Abteilung Stochastik an der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Universität Ulm gegründet. Im gleichen Jahr wurde Professor Hans Wolff mit der Institutsleitung betraut, die er bis zu seiner Wahl als Rektor der Universität Ulm im Jahr 1995 innehatte. Von 1995 bis 2007 hat Professor Volker Schmidt das Institut geleitet. Anschließend übernahm der jetzige Institutsdirektor Professor Evgeny Spodarev diese Funktion. Gegenwärtig besteht das Institut aus zwei Professoren (Volker Schmidt, Evgeny Spodarev), den Sekretärinnen Carolina Vieira Fernandez und Renate Jäger sowie mehreren wissenschaftlichen Mitarbeitern, die die Durchführung von Lehr- und Forschungsaufgaben unterstützen, ihre Dissertation vorbereiten und nach dem Erwerb des Doktorgrades ihre weitere Karriere meistens außerhalb der Universität Ulm fortsetzen. Derzeit arbeiten mehrere Doktoranden an ihren Promotionsprojekten im Institut. Hinzu kommen zahlreiche Studenten, die als Hilfskräfte im Institut tätig sind und/oder ihre Graduierungsarbeiten im Institut schreiben. Sie sind in die aktuellen Forschungsvorhaben des Institutes integriert und werden gemeinsam von den Professoren und Mitarbeitern intensiv betreut.
Professor Spodarev studierte Mathematik an der Lomonossov-Universität Moskau. Nach seiner Promotion an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und einer PostDoc-Phase an der Universität Ulm wurde er 2004 auf eine Juniorprofessur berufen. Im Jahre 2007 nahm er einen Ruf auf eine Professur für angewandte Statistik an der Universität Ulm an, nachdem er zwei Rufe anderer Universitäten abgelehnt hatte.
Professor Schmidt studierte Mathematik an der Universität Wrocław. Danach war er als wissenschaftlicher Assistent an der TU Bergakademie Freiberg tätig, wo er die Promotion zum Dr. rer. nat. und die Habilitation im Fach Mathematik erlangte. Seit 1992 arbeitet er als Professor an der Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Universität Ulm.
Das Institut für Stochastik ist regelmäßig in die Organisation von internationalen Tagungen, Workshops und Sommer-Schulen involviert, an denen neben bekannten Spitzenforschern auch viele Nachwuchswissenschaftler, Doktoranden und Studenten teilnehmen. Darüber hinaus werden die Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter des Institutes oft von Fachkollegen aus dem In- und Ausland zu Vorträgen eingeladen, wodurch die Anerkennung ihrer Forschungsergebnisse durch die internationale Forschergemeinschaft reflektiert wird. Dies steht auch im Einklang damit, dass die Forschungsarbeiten des Institutes mit dem Merckle-Forschungspreis 2005 und dem Kooperationspreis „Wissenschaft-Wirtschaft“ 2007 der Universität Ulm ausgezeichnet worden sind. Die zahlreichen Publikationen des Institutes, die während der letzten Jahre in renommierten Zeitschriften unterschiedlicher Fachgebiete erschienen sind, zeigen, dass neben der Entwicklung moderner Methoden der Stochastik selbst auch ihre innovative Anwendung in anderen Wissenschaftsdisziplinen durchaus anspruchsvoll und attraktiv sein kann.